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Hermann Hofrichter

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Das Buch

 

Leseprobe

Der bewachte Bewacher

     Um diese Geschichte zu verstehen und wie es zu diesem eigenartigen Gefängnis kam, muss man einen kleinen Rückblick in die Anfangszeit der Bundesmarine vornehmen. Von der LSU gingen unsere Minensucher nahtlos in die Bundesmarine über. Hier bekamen sie die Namen SEEHUND (M 187), SEEIGEL (M188), SEELÖWE (M 189), SEEPFERD (M 189), SEESTERN (M 192) und SEESCHLANGE (M 191, Geschwaderboot).

     Die Besatzungen bestanden, in der Anfangszeit, aus einem recht eigenartigen Haufen: Reste der LSU, Männer aus dem 1951 geschaffenen Seegrenzschutz (BGS), ehemaligen Marineangehörigen aus dem Weltkrieg und neuen Kräften der jungen Bundesmarine teilten sich die Aufgaben auf den Booten. Dazu ein Beispiel: Einer der Obermaate auf unserem Boot SEELÖWE war im Krieg bei einer Fahrradtruppe in Holland. Nach der Gefangenschaft, ohne Beruf, ging er, nach einigen Gelegenheitsarbeiten, zur LSU und wurde von der Bundesmarine nach einem militärischen Kurzlehrgang als Unteroffizier übernommen. Als Soldat war er eine etwas wunderliche Figur, sein Fachwissen über die Maschinenanlage konnte man jedoch als exzellent bezeichnen.

     Vorschriften, Anweisungen und so weiter wurden noch oft geändert, gestrichen und umgeworfen. Die Dienstgradabzeichen musste man erst anpassen. Der Kapitänleutnant trug anfangs nur zwei fingerbreite Kolbenringe, die Offiziersmützen hatte man erst wenige Monate vorher mit dem goldenen Keksrand geschmückt, der Dienstgrad Hauptbootsmann wurde zusätzlich eingeführt. Maate und junge Obermaate trugen noch „Wäsche achtern“ und die Winkel der Dienstgradabzeichen waren nach unten (bis 1963) offen und so weiter. Nur so ist zu verstehen, dass die Vorgesetzten beim Verhängen von Strafen noch nach Gutdünken vorgehen konnten.

     Der schwere Dienst in den Kesselräumen und die zusätzlichen Nebenarbeiten in der Freiwache brachte eine besondere Spezies von Heizern hervor. Eines hatten fast alle gemeinsam, es waren ganze Kerle, die bis zum Umfallen arbeiten konnten und wollten. Die „Null-Bock-Jungs“ waren noch nicht geboren.

     Es wurde viel getrunken, nicht nur Kujampel und Wasser. Einer der Stoker hatte die Sauferei etwas übertrieben und trotz mehrfacher Verwarnung durch den LI zeichnete sich keine Besserung ab. Auch gutes Zureden hatte keinen Sinn. Und so verknackte der LI den Burschen zu mehreren Tagen Arrest. Abzusitzen im Hafen, von Dienstschluss bis Dienstbeginn am nächste Morgen. Ort: das Kartoffelschapp auf dem Boot. Aus erzieherischen Gründen, für den restlichen Heizerhaufen, musste immer ein Posten mit Gewehr aufziehen, Ablösung alle zwei Stunden.

     Schon nach dem ersten Tag ohne Alkohol hatte der Gefangene ausgeschlafen. Das Kartoffelschapp, ein Rondell unter einem der Geschütze, war nicht hoch und groß genug, um aufrecht stehen und gehen zu können. Was tun, die Nacht wurde immer länger und länger. Mitternacht, missmutig guckte er durch das Lüftungsgitter am Zugang. Aber da gab es doch einen Posten, und der war nicht ausgeschlafen wie er und dazu noch ein Kamerad aus dem eigenen Deck. Konnte der nicht den Gefangenen spielen? Dem jeweiligen O.v.D. war der Gefangene persönlich ja nicht bekannt. Eine kurze Absprache und der Bewacher lag selig auf den Kartoffeln und der Arrestant, das Gewehr geschultert, konnte sich endlich die Beine vertreten.

     Geschickt wie die Jungs waren, verliefen auch die restlichen Nächte der Gefangenschaft, ohne dass der Rollentausch aufgefallen wäre. Dass der geglückte Streich gehörig mit einem der berüchtigten Heizertrinkgelage gefeiert wurde, versteht sich von selbst. Dabei grölte man immer wieder nach der bekannten russischen Stenka-Rasin-Melodie:

„Wer die Seefahrt hat erfunden,

hat an Heizer nie gedacht,

sonst hätt er im Kessel unten

einen Bierhahn angebracht.“

Am Ende des Buches befindet sich eine Sammlung maritimer Begriffe und Abkürzungen (z.B.: 85er, LSU usw.).

Ich wünsche viel Spaß beim Lesen des Buches

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